EINE "GEKLAUTE IDEE" WIRD UMGESETZT...
Am 10. Juni 2020 waren wir verabredet, das Model und ich, ein Donnerstag um zehn Uhr in unserem Haus.
Entstanden war die Idee, als ich auf Empfehlung von Fritz K. das bemerkenswerte Fotobuch „Ansichten von Alexandra S.“ antiquarisch gekauft hatte. Thema dieses Buches sind die unterschiedlichen Darstellungen einer jungen Frau, die von so renommierten Lichtbildnern wie Jim Rakete, Walter Schels oder Jean-Loup Sieff aufgenommen worden war.
Fritz schlug das Thema in unserer Fotografenrunde vor. Ralf brachte als mögliches Model eine gute Bekannte ins Spiel, nennen wir sie einmal Alex. Einige Fotofreunde zeigten sich interessiert, mitzumachen. Ich war gespannt, auf welch unterschiedliche Arten wir zusammen mit unserem Model unsere Bilder gestalten würden.
Coronabedingt konnte das Projekt leider erst verspätet starten, und Fritz legte mit seinem Shooting im Mai ein sehr gelungenes Ergebnis vor.
Ich selber hatte mir vorgenommen, ausschließlich in SW zu fotografieren – eigentlich sogar analog, aber das war mir in dieser Situation dann doch zu aufwendig, wollte ich doch an drei unterschiedlichen Locations mit unterschiedlichen „Stimmungen“ arbeiten, und ich stellte mir ein eher entspanntes Shooting vor, an dem technischer Aufwand nicht im Vordergrund stehen sollte.
Der Tag des Shootings
Ich hatte mit Alex ein kräftiges Makeup abgesprochen – Sie nannte es spontan „1920er Stummfilm-Model in moderner Interpretation“. Okay. Ich wollte einen härteren Look, schwarze Klamotten, Lederjacke, Alex brachte noch mehrere figurbetonte Kleider und High Heels mit. Na, da ließ sich ja was mit anfangen.
Mehrere unterschiedliche Locations hatte ich ausgesucht:
Eine weiße Hauswand, die an unseren Garten angrenzt und im Schatten lag.
Unser Garten mit der riesigen Rotbuche.
Ein verlassenes Gewerbegebiet, das, unkrautüberwuchert und grafittibesprüht, nur wenige Meter weiter liegt.
Die romatische Ponyweide von Wally mit ihren Fliedersträuchern.
Die Nikon bestückte ich mit dem 85mm 1.8, dazu kam das 50mm 1.4 sowie ein kleines Weitwinkelzoom. Ein portabler Blitz rundete das Setup ab.
Alex kam voll motiviert an. Nach kurzem Gedankenaustausch auf unserer Terrasse und einer Besichtigung des Gartens ging es auch sofort los – in dem improvisierten Garten-Studio, wo ich auch teilweise blitzte, waren die schwarzen Klamotten und die Motorradlederjacke Pflicht. Hier lernten wir uns als Fotograf und Model kennen und konnten miteinander schon ein wenig warm werden.
Das Posing vor der mächtigen Buche war dann wieder eine ganz andere Sache – hier ging es um eine Verbindung von Baum und Mensch. Klasse, wie Alex sich in die Situation hineinfand, ihre sportliche Art kam ihr dabei sehr zugute.
Nächste Location, der „Lost Place“. Hier durfte Alex ihre Blicke dem Umfeld anpassen, ohne allerdings Grimassen schneiden zu sollen – ich erwartete keine Schauspielerin, sondern den Menschen selbst, wie er in dieser ganz anderen Umgebung aufging. Klasse – das war authentisch.
Auf der Weide schließlich kam die „Eleganz“ zum Zuge, verbunden mit einer gewissen weichen Verträumtheit. Auch dies gelang Alex überzeugend.
Herausgekommen sind also eine Reihe ganz unterschiedlicher Bilder, die einen Menschen von ganz unterschiedlichen Seiten zeigen, wie ich finde. Und welcher immer er selber ist.